Dupuytren´sche Kontraktur minimal invasive Operation, WDR Bericht
Franz-Josef Müller Offener Brief zur Honorarsituation niedergelassener Ärzte 1Offener Brief zur Honorarsituation von VertragsärztenSehr geehrter Herr Dr. Köhler,14.500 Arztpraxen erwirtschaften aus vertragsärztlicher Tätigkeit ausschließlichVerluste, in vielen weiteren Praxen erreichen Ärzte nicht einmal dasNettoeinkommen einer Reinigungskraft. Weit mehr als 20.000 Ärzte sind betroffen.Und selbst wenn man einem geringen Prozentsatz dieser Ärzte unterstellte, dass sieihre Praxis als Hobby oder entgegen jeglicher betriebswirtschaftlicher Grundsätzebetreiben würden – es bleiben immer noch zig-tausend Ärzte übrig, die rücksichtslosausgebeutet werden. Wer als Arzt angesichts dieser desaströsen Lage von der KBVAbhilfe erwartet, wartet seit über 10 Jahren vergebens. Statt für angemesseneHonorare zu sorgen, verbreitet die KBV irreführende Erfolgsmeldungen amlaufenden Band: “Arzt erwirtschaftet netto 31 Euro pro Stunde”1 oder auch “Im Jahre2009 hat ein Hausarzt einen Ertrag von durchschnittlich 105.115 Euro eingenommen.Im fachärztlichen Versorgungsbereich erreichte der Ertrag eine Höhe von 96.898Euro”2. Die beiden zitierten Veröffentlichungen kommen aus IhremVerantwortungsbereich, Herr Dr. Köhler. Als Vorstandsvorsitzender sind Sie auchdafür verantwortlich, welche Informationen von der KBV und von ZI über dieÄrzteschaft an die Öffentlichkeit transportiert werden.Abbildung: Ärzte mit Verlusten aus vertragsärztlicher Tätigkeit1 www.zi-pp.de/pdf/ZiPP_Jahresbericht_2011.pdf2 www.kbv.de/24851.html29.06.2013Franz-Josef Müller Offener Brief zur Honorarsituation niedergelassener Ärzte 2Rund ein Drittel aller Ärzte, das Unterhaus, erreicht höchstens das Niveau einerReinigungskraft. Das alles weiß die KBV, aber sie verliert nicht einmal ein Wortdarüber. Ganz im Gegenteil. Fordert ein Arzt aus dem Unterhaus für sichangemessene Honorare, wird er unter Hinweis auf die KBV-Veröffentlichungen von”seiner” KV abgebügelt. Interessenvertretungen wie KV oder KBV abzuschaffen,wäre vor dem Hintergrund ein Zugewinn für das gesamte Unterhaus.Konservativ tätige Ärzte brauchen bei vernünftiger Medizin Fallwerte von mindestens50 bis 70 Euro, darunter kann man wirtschaftlich keine Praxis führen. SolcheFallwerte würden häufig zwangsläufig zu einer Verdopplung der heutigen Fallwerteführen. Statt das offensiv einzufordern, diskutiert man in den KVen derzeit überzusätzliche Pauschalen für Fachärzte in der Größenordnung von 2 Euro pro Fall. Beider Diskrepanz zwischen dem was notwendig ist und dem was diskutiert wird, stelltsich die Frage, in welcher fernen Galaxis leben die Vertreter der Ärzteschaft in denKVen und der KBV? Hat irgendjemand von denen noch irgendeinen Bezug zurrealen Situation von Ärzten an der Basis? Oder stören die Bewohner desUnterhauses mit ihrem verzweifelten Aufschrei lediglich die Idylle im Oberhaus undim KV-Establishment?Die einschlägigen Veröffentlichungen von KBV (Honorarbericht) und ZI(Jahresbericht des ZI-Praxis-Panel) weisen Einnahmenüberschüsse nichtdifferenziert aus. Es stehen allerdings Daten zur Verfügung, um die wirtschaftlicheSituation im vertragsärztlichen Bereich für einzelne Fachgruppen abschätzen zukönnen. Solche Schätzungen habe ich vorgenommen (siehe Anhang; konservativtätige Ärzte der Fachgruppen Augenärzte, Frauenärzte, Hautärzte, HNO-Ärzte,Orthopäden und Urologen). Zudem habe ich für diese 6 Fachgruppen ermittelt, wiehoch die Fallwerte bei ausschließlich vertragsärztlicher Tätigkeit sein müssten, damitÄrzte wenigstens auf das von KBV genannte Niveau von 31 Euro pro Stundekommen. Auch wenn ein solches Einkommen noch weit von einem angemessenenEinkommen entfernt ist, es wäre zumindest ein Schritt in die richtige Richtung.Bei der Analyse der Veröffentlichungen von KBV und ZI stellte sich quasi alsNebenbefund heraus, dass gravierende methodische Fehler bei der Aufarbeitung derDaten gemacht wurden. Dieser Nebenbefund könnte die eigentliche Ursache dersuboptimalen Vorgehensweise der KBV in Sachen Honorar sein. Auf Grund diesersystematischen methodischen Fehler scheint es angeraten, sowohl alle bisher29.06.2013Franz-Josef Müller Offener Brief zur Honorarsituation niedergelassener Ärzte 3veröffentlichten Honorarberichte der KBV als auch die veröffentlichten Jahresberichtedes ZI-Praxis-Panel einzuziehen und erst nach einer gründlichen Überarbeitung neuzu veröffentlichen. Denn hier geht es an und um die Substanz der niedergelassenenÄrzte.Zum methodischen Fehler bei den Honorarberichten der KBV hat sich Prof. vonder Lippe, Mitglied des wissenschaftlichen Beirats des ZI-Praxis-Panel, in seinemBeitrag “Standardisierung der Einnahmen einer Arztpraxis – Methoden derHonorarumrechnung auf Einnahmen einer “Normpraxis”, die ausschließlich EBMLeistungen(für GKV Patienten) in Vollzeit erbringt”3 explizit geäußert. Er führt aus,dass die Methode der Kostenzuordnung nach Umsatzanteilen auf GKV- bzw. PKVAnteil”erhebliche Mängel hat und nicht zu rechtfertigen ist. Die Größe h ist nichtnur in den Grenzfällen p = 0 (reine Privatpraxis) und p = 1 (nur “Kassenpatienten”)offensichtlich unsinnig …..”. Diese Methode, die erhebliche Mängel hat, nicht zurechtfertigen ist und offensichtlich unsinnig ist, ist genau die Methode, die imHonorarbericht der KBV für das erste Quartal 2012 unter “1.2 Überschuss” als ” EineMöglichkeit zur Berechnung des Überschusses aus vertragsärztlicher Tätigkeit”vorgestellt und ohne weitere Begründung auch verwendet wird. Andere Methodenwerden erst gar nicht diskutiert. Insbesondere wird die vom Mitglied deswissenschaftlichen Beirats des ZI-Praxis-Panel, Prof. von der Lippe, vorgestellteMethode der Kostenzuordnung nach Aufwand weder erwähnt noch gar angewendet.Vernichtender als die Kritik von Prof. von der Lippe an dem von der KBV gewähltenVerfahren kann eine Kritik kaum sein. Dessen ungeachtet verwendet die KBV dasheftig kritisierte Verfahren völlig ungerührt weiter. Erkenntnisresistent oder dreist?Sehr geehrter Herr Dr. Köhler,kann es sein, dass unter Ihrer Verantwortung jeder macht was er will? Offenkundiginteressiert es die zuständige Abteilung der KBV nicht einmal ansatzweise, wasExperten zum Thema Kostenzuordnung zu sagen haben. Wie Kosten zugeordnetwerden, ist aber von entscheidender Bedeutung für Aussagen zum Einkommenniedergelassener Ärzte. Darf ein Mitarbeiter der KBV bei so wichtigenVeröffentlichungen nach eigenem Gutdünken frei darüber entscheiden, ob er lieber3 http://static.wiwi.uni-due.de/global/IBES_vdl-191_final.pdf29.06.2013Franz-Josef Müller Offener Brief zur Honorarsituation niedergelassener Ärzte 4fachliche Standards einhält oder ob er lieber “quick & dirty” arbeitet? Vermutlichnicht, dafür gibt es ja Vorgesetzte, die die Arbeit ihrer Mitarbeiter überprüfen.Die entgegen allen Regeln der ökonomischen Kunst vorgenommeneKostenzuordnung in den veröffentlichten Honorarberichten der KBV führte imErgebnis dazu, dass für viele Facharztgruppen utopisch hohe Überschüsseausgewiesen werden. Da man der KBV insgesamt sicherlich nicht unterstellen kann,dass sie nicht weiß, was sie tut oder wie die fachlich benachbarte Abteilung beim ZIein paar Büros weiter vorgeht, drängt sich eine andere Frage auf: Wer profitiertdavon, dass die wirtschaftliche Situation aus vertragsärztlicher Tätigkeit vorsätzlichviel zu gut dargestellt wird? Wer profitiert innerhalb des Apparates KBV davon undwelche Arztgruppen profitieren innerhalb der Ärzteschaft von der viel zu positivenDarstellung? Sind es etwa die Arztgruppen, die gemäß Jahresbericht 2011 des ZIPraxis-Panel pro Inhaber einen um mehr als 50 Prozent höheren Jahresüberschussals die anderen Fachgruppen erzielen, sind es also Humangenetiker, Internisten mitSchwerpunkt Angiologie, Internisten mit Schwerpunkt Endokrinologie, Internisten mitSchwerpunkt Nephrologie, Neurochirurgen, Nuklearmediziner, Pathologen,Phoniatrie und Pädaudiologie sowie Strahlentherapeuten? Oder gehören dazu auchFachärzte aus anderen Gruppen, die einen vielfachen Umsatz und Überschussgemessen am Medianarzt ihrer Gruppe erwirtschaften, also das typische Oberhaus?Zählen zu den Profiteuren auch ganze Arztgruppen, die in den Berichten von KBVund ZI gleich gar nicht weiter beachtet werden, wie beispielsweise Laborärzte?Angesichts der eklatanten Verstöße gegen wissenschaftliche Standards und derdamit verbundenen Verschleierung der wahren Sachverhalte liegt der Verdachtnahe, dass hier Profiteure unter sich einen Deal ausgehandelt haben. Der Dealkönnte so aussehen. Die KBV sorgt dafür, dass die wirtschaftliche Situation desMedianarztes in der Öffentlichkeit viel zu positiv und die wirtschaftliche Situation desOberhauses gleich gar nicht dargestellt wird, also der Mantel des Schweigens überdie äußerst gut situierten Bewohner des Oberhauses gebreitet wird. Und dasOberhaus, das in den zuständigen Gremien erheblichen Einfluss hat, sorgt imGegenzug für die fehlende Transparenz über seine Repräsentanten in der VV undanderen Gremien dafür, dass jegliche Kritik aus dem Unterhaus an der KBVabgewürgt wird. Ist es eine Art Kompensationsgeschäft unter Freunden, bei dem sichOberhaus und Verwaltung die Profite auf Kosten der Ärzte im Unterhaus teilen?29.06.2013Franz-Josef Müller Offener Brief zur Honorarsituation niedergelassener Ärzte 5Sehr geehrter Herr Dr. Köhler,wenn man sich das Ausmaß der Insuffizienz in den Honorarberichten und zugleichdie extrem hohe Bedeutung der fehlerhaften Daten auf die Ärzteschaft bewusstmacht, sucht man automatisch nach der Ursache bzw. den Verantwortlichen. Gibt esinnerhalb der KBV Mitarbeiter in leitender Funktion, die zumindest schützend dieHand über solche Machenschaften halten und dafür wirtschaftlich kompensiertwerden, beispielsweise in Form einer Jobgarantie, egal was passiert? Anders kannich mir kaum erklären, wie man vorsätzlich entgegen allen Regeln der ökonomischenKunst Honorarberichte veröffentlicht, in denen die wirtschaftliche Situation derMehrheit der Arztpraxen wissentlich völlig falsch dargestellt wird.Ist der Honorarbericht für die KBV eine Demonstration gravierender handwerklicherDefizite, ist es beim ZI der Jahresbericht des ZI-Praxis-Panel. Dabei macht das ZI imUnterschied zur KBV bei der Kostenzuordnung alles richtig, was sicherlich auch derMitarbeit von Prof. von der Lippe geschuldet ist. Der methodische Fehler imJahresbericht des ZI-Praxis-Panel liegt im Bereich der Ökonometrie. Im gesamtenJahresbericht des ZI-Praxis-Panel wird ausschließlich der “arithmetische Mittelwert”,oder häufig auch nur “Mittelwert”, verwendet. State-of-the-art in der Ökonometrie istbei Angaben zu Einkommen und Umsätzen jedoch die Verwendung des Median alsAngabe für den Mittelwert und nicht das arithmetische Mittel. Da der Mediantypischerweise rund 20% unterhalb des arithmetischen Mittelwertes liegt, hat diesgravierende Auswirkungen auf die errechneten Honorare.4Abbildung: Schematische Darstellung der tatsächlichen Honorarverteilung4 www.destatis.de/DE/Publikationen/WirtschaftStatistik/FinanzenSteuern/FreieBerufeDeutschland.pdf?__blob=publicationFile29.06.2013Franz-Josef Müller Offener Brief zur Honorarsituation niedergelassener Ärzte 6Arzthonorare werden im Jahresbericht des ZI-Praxis-Panel als arithmetisches Mittelund somit systematisch viel zu hoch ausgewiesen. Wie beim Honorarbericht derKBV stellt sich auch hier die Frage, wer hat zu verantworten, dass mit dieser Formder Berichterstattung dem Unterhaus geschadet wird? Die Wirkungsrichtung derunterschiedlichen methodischen Fehler bei KBV und ZI-Praxis-Panel ist übrigensgleich: Die “den Ärzten” unterstellten Einnahmenüberschüsse sind jeweils zu hochausgewiesen. Weil beide Veröffentlichungen Fehler mit derselben Wirkungsrichtungbeinhalten, fallen die Fehler beim oberflächlichen Vergleich auch gar nicht weiter auf.Einnahmen von Vertragsärzten sind nicht normalverteilt. Somit ist die Darstellung imJahresbericht des ZI-Praxis-Panel nicht nur ungeeignet sondern falsch. Auf dieseAbbildung: Honorarverteilung als NormalverteilungTatsache wird u. a. in Kapitel 4 des Honorarberichts der KBV “Unterschiede in derVerteilung innerhalb einzelner Abrechnungsgruppen”, indirekt in Tabelle 33 desJahresberichtes 2011 des ZI-Praxis-Panel sowie in den Histogrammen desHonorarberichts der KBV (Kapitel 4.2) hingewiesen.Selbst bei populärwissenschaftlichen Veröffentlichungen zu Einkommen undUmsätzen wird neben dem verwendeten Mittelwert auch das Streuungsmaßangegeben, weil Mittelwerte ohne Angabe des Streuungsmaßes ohne Aussagekraftsind. Das ZI-Praxis-Panel veröffentlicht hingegen arithmetische Mittelwerte ohneAngabe von Streuungsmaßen. Wer als Entschuldigung für eklatante Verstöße gegendie einschlägigen Standards vorbringt, dass der Jahresbericht des ZI-Praxis-Panelfür die Öffentlichkeit gedacht sei und die Presse nun mal kurze und knackige Zahlenerwartet, der muss sich entgegenhalten lassen, dass eine Veröffentlichung über 68Seiten weder kurz noch knackig ist. Hier wurde mit viel Manpower eine umfangreiche29.06.2013Franz-Josef Müller Offener Brief zur Honorarsituation niedergelassener Ärzte 7Arbeit von Experten erstellt. Bei 33 Tabellen und 6 Abbildungen darf man vonExperten durchaus erwarten, dass alle fachlichen Standards eingehalten werden.Und wieso mutet man der Presse ausgerechnet bei Investitionen in Praxen nicht nurdie Mittelwerte sondern auch die zugehörigen Streuungsmaße zu? Wieso beiweniger wichtigen Parametern die Angabe von Streuungsmaßen und bei denentscheidenden Parametern lässt man die Streuungsmaße weg? Hier gibt eshandwerklich nichts zu entschuldigen. Das ist eine Veröffentlichung, in der grobgegen die fachlichen Standards der Ökonometrie verstoßen wurde.Es stellen sich bezüglich der Veröffentlichungen von KBV (Honorarbericht) und ZIPraxis-Panel (Jahresbericht) somit 3 zentrale Fragen:1. Wurde der Verstoß gegen fachliche Standards bei den Veröffentlichungenbewusst in Kauf genommen mit der Absicht, die wirtschaftliche Situation derÄrzte systematisch viel zu positiv darzustellen?2. Warum wird die heterogene wirtschaftliche Situation der Ärzte nichtentsprechend differenziert dargestellt, inklusive der Situation des oberen undunteren Drittels (Ober- und Unterhaus)?3. Wer trägt für diese insuffizienten Veröffentlichungen die Verantwortung?Auf meine Mails an das ZI und den Vorstand der KBV von Ende Mai 2013, in denenich auf systematische Fehler hinwies und eine Überarbeitung der Veröffentlichungenvorschlug, erhielt ich am 04.06.2013 vom ZI die Antwort, “dass wir IhreEinschätzungen nicht teilen”. Da Sie, Herr Dr. Köhler, zum Verteiler der Mailgehören, dürfte Ihnen das Thema bereits hinreichend bekannt sein.Da weder KBV noch ZI aus sich heraus aktiv werden wollten, habe ich mir in denletzten Tage die Mühe gemacht, die Sachverhalte genauer zu analysieren und nachbesten Kräften unter anderem grafisch so aufzubereiten, dass sich Dritte einenEindruck von der dürftigen Performance von KBV und ZI machen können. Mit denmir zur Verfügung stehenden Informationen von KBV, ZI und StatistischemBundesamt und bei Abschätzung einiger nicht explizit ausgewiesener Angaben,komme ich zu folgenden Ergebnissen:29.06.2013Franz-Josef Müller Offener Brief zur Honorarsituation niedergelassener Ärzte 81. 14.500 Arztpraxen erwirtschaften aus vertragsärztlicher Tätigkeit Verluste2. 2.000 Arztpraxen erwirtschaften Verluste von über 150TEuro pro Jahr3. 15.000 weitere Arztpraxen erwirtschaften pro Arzt nur einen Überschuss dersie in den Bereich zwischen 1-Euro-Jobber und Reinigungskraft einreiht.Abbildung: Das “Unterhaus”Von 140T Euro, einem Jahresüberschuss aus vertragsärztlicher Tätigkeit wie sie dieKBV dem durchschnittlichen Arzt zuschreibt, können viele Ärzte nur träumen. VieleÄrzte erreichen nicht einmal Umsätze von 140T Euro aus vertragsärztlicher Tätigkeit,von Überschüssen ganz zu schweigen. Wenn die Überschüsse ausvertragsärztlicher Tätigkeit bei einem Drittel aller Praxen so niedrig sind (s.Abbildung: Das “Unterhaus”), dann fragt man sich als Außenstehender, warum in derÄrzteschaft eine solche Friedhofsruhe herrscht. Haben die betroffenen Ärzte wirklichschon alle Hoffnung fahren lassen und zählen wirklich alle Ärztefunktionäre zumOberhaus, so dass von denen nichts zu erwarten ist, was den Status quo verändernwürde?Sehr geehrter Herr Dr. Köhler,wenn KBV und ZI der Öffentlichkeit ein unrealistisches, weil viel zu positives, Bild vonder wirtschaftlichen Situation in den Arztpraxen zeichnen, hat das u. a. Auswirkungenauf Honorargespräche. Unzureichende Honorare haben unmittelbar Auswirkungenauf die Nachbesetzung von Arztsitzen sowie auf die Attraktivität des Arztberufes ansich. Um angemessene Honorare für alle Ärzte einzufordern und auch durchsetzen29.06.2013Franz-Josef Müller Offener Brief zur Honorarsituation niedergelassener Ärzte 9zu können, ist es unbedingt notwendig, Zahlen, Daten und Fakten zur derzeitigenHonorarsituation zu haben, die für die gesamte Ärzteschaft gelten und insbesonderedie Problembereiche aufzeigen. KBV und ZI hätten alle notwendigen Informationenzur Hand, um die katastrophale Situation von zig tausenden Arztpraxennachvollziehbar darzustellen. Aber die KBV nutzt diese Informationen nicht. Zudembleiben alle Maßnahmen aus die geeignet wären, die unhaltbare Situation imUnterhaus zu beenden.Jahrelang ist nichts passiert. Ob Absicht oder Unvermögen dahinter steckt, lässt sichvon außen nicht feststellen. Praxen, die auf Grund der völlig indiskutablenPerformance der zuständigen Stellen im KV-System in Verbindung mit regionalenVerteilungsbeschlüssen zum Honorar zur defizitären Behandlung vonKassenpatienten gezwungen werden, haben zudem nur ein begrenztes Interesse ander Aufklärung der Vergangenheit. Diese Praxen wollen primär eine angemesseneHonorierung ihrer Arbeit. Und das nicht zu irgendeinem beliebigen Termin in derZukunft sondern hier und heute. Ärztemangel ist mittlerweile in den Sprachschatz derBevölkerung eingegangen. In Vergessenheit wird der Begriff erst geraten, nachdemÄrzte für ihre Arbeit angemessen honoriert werden. Hier ist ein weitesBetätigungsfeld, das bisher nahezu unbeackert geblieben ist.Für einen Teil der besonders heftig betroffenen Facharztgruppen (Augenärzte,Dermatologen, Frauenärzte, Hautärzte, HNO-Ärzte, Orthopäden, Urologen) habe ichdas zur Verfügung stehende Datenmaterial selbst ausgewertet. Dabei habe ich u. a.einzelne Quartale auf ein Jahr hochgerechnet und Betriebskosten als fixe Kostenangenommen. Dadurch induzierte Fehler führen u. a. dazu, dass Verluste imUnterhaus zu hoch und Überschüsse im Oberhaus zu niedrig ausgewiesen werden.Da am Ende nur qualitative Aussagen betrachtet werden, also wie viel Prozent derÄrzte fahren Verluste ein, ist die exakte Angabe der Höhe der Verluste nichterforderlich. Aus meinen Berechnungen ergibt sich für die rein konservativ tätigenÄrzte in der vertragsärztlichen Versorgung ungefähr folgende Situation:· 30% der konservativen Augenärzte arbeiten mit Verlust· weitere 45% der konservativen Augenärzte arbeiten für 10 Euro pro Stundeund darunter· 25% der konservativen Hautärzte arbeiten mit Verlust29.06.2013Franz-Josef Müller Offener Brief zur Honorarsituation niedergelassener Ärzte 10· weitere 55% der konservativen Hautärzte arbeiten für 10 Euro pro Stunde unddarunter· 50% der konservativen Frauenärzte arbeiten für 10 Euro pro Stunde unddarunter· 30% der konservativen HNO-Ärzte arbeiten mit Verlust· weitere 55% der konservativen HNO-Ärzte arbeiten für 10 Euro pro Stundeund darunter· 13% der konservativen Orthopäden arbeiten mit Verlust· weitere 62% der konservativen Orthopäden arbeiten für 10 Euro pro Stundeund darunter· 30% der konservativen Urologen arbeiten mit Verlust· weitere 50% der konservativen Urologen arbeiten für 10 Euro pro Stunde unddarunterWürde man die Auswertung auf Basis der Rohdaten durchführen, würde sich dieLage noch weiter zuspitzen. Denn im Honorarbericht wurden die Ausgaben pauschalals arithmetischer Mittelwert für alle Einzelpraxen mit 115T Euro angesetzt. Dietatsächlichen Ausgaben für Einzelpraxen liegen in den genannten Fachgruppenzwischen 139T Euro (Augenärzte und HNO-Ärzte), 147T Euro (Frauenärzte), 160TEuro (Hautärzte) über 189T Euro (Urologen) bis zu 205T Euro (Orthopädie) undsomit deutlich über dem arithmetischen Mittelwert bei Einzelpraxen. HöhereBetriebsausgaben als angenommen führen zwangsläufig zu niedrigerenÜberschüssen als ausgewiesen. Die tatsächliche Lage bei den betroffenen Ärztensieht also noch schlechter aus.Sehr geehrter Herr Dr. Köhler,ganz im Sinne von Transparenz und Information werde ich diesen offenen Brief anSie auch der Ärzteschaft sowie der interessierten Öffentlichkeit zur Verfügungstellen. Ärzte und Patienten haben nach meinem Verständnis ein Anrecht darauf zuerfahren, dass die Veröffentlichungen von KBV und ZI-Praxis-Panel denAnforderungen an die fachlichen Standards nicht gerecht geworden sind.29.06.2013Franz-Josef Müller Offener Brief zur Honorarsituation niedergelassener Ärzte 11Wenn auf Basis von ungeeigneten oder gar falschen Daten Entscheidungen über dieHonorierung von Ärzten getroffen werden, ist Ärztemangel vorprogrammiert. Beiunzureichenden Honoraren bleibt der Nachwuchs einfach aus, die Versorgung derPatienten in der Fläche wird deutlich schlechter werden.Die Fragen in diesem offenen Brief habe ich gestellt. Falls Sie für die KBV und das ZIAntworten geben möchten, geben Sie sie den betroffenen Ärzten des Unterhausesund der Bevölkerung.Mit freundlichen GrüßenFranz-Josef Müller, VolkswirtAnlage: Berechnung zu den 6 GOUDAH-Fachgruppen